Milchbänke in Speckswinkel
Nehm Platz! Dies ist eine Milchbank, wie sie jahrzehntelang an verschiedenen Stellen im Dorf zu finden war. Die Milchbank war nicht nur ein Sammelplatz, von dem aus die frisch gemolkene Milch zur Molkerei transportiert wurde, sondern auch immer ein Treffpunkt für die Dorfbewohner, an dem Neuigkeiten ausgetauscht, Geschichten erzählt oder Informationen weitergegeben wurden. Als Ort der Kommunikation möchten wir auch diesen wiederbelebten Platz sehen.
Bild links: Blick vom Pfarrhaus in Richtung Mittelstraße, Bürgerinnen und Bürger auf dem Heimweg nach dem Einführungsgottesdienst von Pfarrer Adelsberger 1960. Links in der Mitte sind die Milchkannen auf der Milchbank zu erkennen.
Bild rechts: Blick auf das Pfarrheim einige Jahre später, vor dem Jägerzaun ist die Milchbank zu erkennen.
Insgesamt gab es in Speckswinkel 72 Milchlieferanten, zu denen man allerdings schon ab einer Liefermenge von 5 Litern gehörte. Nachdem 1935 in Treysa eine Molkereigenossenschaft gegründet worden war, konnten die Landwirte Geschäftsanteile erwerben. Der Geschäftsanteil betrug zunächst 10 Reichsmark pro Milchkuh. Der Genossenschaft schlossen sich auch die Gemeinden Neustadt, Momberg und Speckswinkel an. Die Milchkannennummern in diesen drei Gemeinden hatten eine Besonderheit – sie waren Bestandteil der Kontonummern bei der Raiffeisenbank.
Die Milch wurde von den Bauern in den Milchkannen, die mit ihrer Lieferantennummer versehenen waren, zu den eigens dafür errichteten Milchbänken im Ort gebracht. Von dort wurden die Kannen zur Molkerei nach Treysa befördert. Der Transport erfolgte zunächst mit Pferden. Ab 1946 wurden diese durch Traktoren ersetzt. Die Höhe der Bänke waren an die Höhe der Pritschenwagen angepasst, um das Beladen zu erleichtern.
Bis zu ihrer Schließung 1977 wurde die Molkerei in Treysa beliefert. Danach übernahmen Tankwagen den Transport zu den Molkereien in Neukirchen und Lauterbach durch direkte Abholung bei den Milcherzeugern. Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Milchbauern in Speckswinkel immer mehr ab, so dass die letzte Milchlieferung am 11. Juli 2006 erfolgte. Diese Milchbank wurde aus dem Neustadt-Budget der Stadt Neustadt finanziert und in Eigenleistung von ehrenamtlichen Bürgern gebaut und aufgestellt.
v.l.: Benjamin Oeste, Bürgermeister Thomas Groll, Ortsvorsteher Martin Naumann, Harald Geißel, 1. Stadtrat Wolfram Ellenberg, Horst Kurz, Jörn Westmeier